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2021-08-16

UNPERFEKTE ELTERN? PERFEKT!

Schon vor der Geburt ihres Kindes geben sich alle zukünftigen Eltern die größte Mühe, die besten und perfektesten Eltern der Welt zu werden – selbstverständlich handelt es sich auch um ein perfektes Kind, das sie bekommen werden. Sie haben sich ja gesund ernährt, nicht geraucht, „achtsam“ gelebt, sich umfassend über Schwangerschaft und Geburt informiert. Beide Elternteile sind sehr involviert – sogar „co-schwanger“.

Es wird überlegt, ob ein größeres Auto nötig ist, welcher Kinderwagen oder welches Fahrrad am besten ist. Vielleicht braucht man sogar eine größere Wohnung? Alles soll doch perfekt sein!

Auch wenn die Vorbereitungen perfekt sind und die gemeinsamen Atemübungen harmonisch und übereinstimmend, so ist der Alltag mit einem Neugeborenen und danach das gesamte Leben mit Kindern nur unter größten Mühen perfekt hinzubekommen. Deshalb ist es eher entspannend für Kinder, wenn sich ihre Eltern frühzeitig von diesem Ansinnen verabschieden. 

Entspannung für die Eltern ist also angesagt! Denn Eltern, die auch mal „unperfekte“ Momente oder Tage haben, bedeuten für das Kind: 

● Sie zeigen mir ihre wirklichen Gefühle und verstellen sich nicht – auch wenn sie mal müde sind, oder nicht so gut gelaunt. Dadurch lerne ich, was echt ist in meiner Umgebung und kann sie einschätzen.

● Meine Eltern zeigen mir ihre Grenzen, so lerne ich mich zu orientieren, und mich zu spüren.

● Ich lerne zu akzeptieren, dass sie manchmal keine Zeit für mich haben, so lerne ich mich selbst zu beschäftigen, und unabhängig zu werden. Ich weiß, dass sie dann später mit mir spielen.

● Ich darf meine Bedürfnisse zeigen, weil ich sehe, wie meine Eltern es vorleben.

● „Ich bin ich“, und ich darf so sein – manchmal darf ich sogar weinen und unzufrieden sein, wenn mir danach ist.

So stellen Eltern ein Vorbild dar, nicht immer „funktionieren“ zu müssen und nicht von ihrem Kind zu erwarten, immer perfekt zu sein. Dabei kann die Familie gemeinsam wachsen, statt dem Bild der Perfektion nachzueifern. 

Nicht perfekt sein müssen hat für alle unschätzbare Vorteile! 

Eltern können erfahren, dass es schön und entspannend mit ihrem Kind sein kann. Sie können jeden Tag neue Überraschungen erleben und ihren Kindern beim Wachsen zusehen und sie bei ihren Entwicklungsschritten begleiten. 

Kinder machen nämlich diese Entwicklungsschritte selbst. Sie wollen unabhängig leben und vertrauensvolle Erwachsene um sich haben. 

Es ist gut, wenn kleine Missgeschicke passieren, dann lernen sie aufzupassen, und vorsichtig zu sein. Und sie lernen, dass die Eltern da sind und sie trösten. 

Und es ist auch gut für die Entwicklung der Autonomie, dass die Eltern nicht dauernd aufspringen und das entstandene Problem lösen, sondern ihm zutrauen, dass es auch manchmal etwas alleine lösen kann – das stärkt das Selbstwertgefühl und fördert die Resilienz.

Wenn Eltern für ihr Kind eine Umgebung gestalten können, in der es sich selbstständig bewegen kann, seine Neugierde befriedigt wird, und die das Explorationsverhalten unterstützt und seine Unabhängigkeit stärkt, dann ist das schon perfekt genug. 

Elisabeth Kaufmann, pädagogische Direktorin